ActionDays
Wellness mit Profis bei 400 Grad
Bei der Ausbildung der FFW im Realbrandcontainer – ein heißer Einblick in den Feuerwehralltag
STRAUBINGER RUNDSCHAU von Ulli Scharrer, 26.03.2018
4 Min

Im März 2018 waren wir mit unseren Action Days zu Besuch bei der Freiwilligen Feuerwehr Straubing. Mit dabei war Prominenz wie Straubings Oberbürgermeister Pannermayr und auch die Straubinger Rundschau. Herausgekommen ist ein packender Bericht zu unseren Action Days. „Die Wellness besteht aus Ruß, Kriechen, 400 Grad Temperatur und den inneren Schweinehund zu besiegen. Das schafft man mit Ruhe, Adrenalin und Vertrauen in die Männer, die immer da hineinlaufen, wo andere rausrennen.“

Heiß, heißer, Feuerwehr – einen kleinen, aber sehr eindringlichen und unvergesslichen Einblick in ihre gefährliche Arbeit, die man mit „Technik, Taktik und Gehirn“ angehen muss, gab die Freiwillige Feuerwehr am Samstag Oberbürgermeister Markus Pannermayr und zwei Tagblatt-Redakteuren. OB, Sophie Schattenkirchner und ich bekommen Schutzanzüge, Atemschutzgeräte eine gründliche Einweisung und „Alles-Gute-Wünsche“, bevor wir in den Realbrandcontainer der Firma Texport kriechen dürfen. Den hat Ausbilder Marco Pfeuffer uns per Hand auf 400 Grad aufheizen lassen. Sophie und Stadtbrandrat Stephan Bachl schnappen sich also eine Euro-Palette und Pannermayr und ich eine weitere. Wie es sich in der Stadt der nachwachsenden Rohstoffe gehört, ist das Holz, das uns rösten soll, unbehandelt und damit schadstofffrei. Die Info, mit der uns Stadtbrandrat Bachl begrüßt hat, ist uns aber wichtiger: „Die heizen bis 600 Grad und kriegen auch mehr hin. Aber keine Angst, alle zwei Meter gibt es eine Tür, da ist man dann schnell draußen.“ Wie unterschiedlich schön eine Zwei klingen kann, wenn man vor schwarzen Containern steht, aus denen Rauch aufsteigt, man bereits zehn Meter davor eine Wand aus Hitze spüren kann und sehen kann, wie 600 Grad oder mehr ihre Spuren im Metall hinterlassen.

Jeder will seine Haare behalten

Aber erst einmal ausrüsten in Halle 24. OB Pannermayr muss sich als Erster hinknien. Das ist wichtig, die Knieschoner müssen richtig sitzen. Brennende Zimmer werden auf Knien betreten, „unten ist es immer kälter“, erklären die Feuerwehrler. Auch wenn das später eher relativ zu sehen ist, macht es den Unterschied zwischen verbrutzeln und gerade noch aushalten können aus, was Pannermayr und ich beim zweiten Durchgang austesten. Hose und Jacken haben kaum Knöpfe oder Reißverschlüsse, die könnten heiß werden. Statt Reißverschluss im Schritt gibt es Klettverschluss und die breiten Hosenträger sind bequem – könnte man öfters tragen. Mit dem fast glatt rasierten Gesicht des Oberbürgermeisters ist man zufrieden. Mit den Redakteurshaaren weniger. Sophie hat aus Gewohnheit ihren Zopf aus Jacke und schützender feuerfester Sturmhaube gezogen und mein Bart sei nicht das Beste für Atemschutzträger. Ihre langen Haaren werden wieder verpackt und meine Atemschutzmaske extra gut verschnürt.

Keine Sprüche, dafür viel Hilfe

18 Tonnen Material hat die Firma Texport aufgebaut, neben dem Realbrandcontainer gibt es viele weitere Stationen bei den „Action Days“, die dieses Jahr bei der Straubinger Feuerwehr starten. In Kleingruppen, ein Trainer für drei Mann, werden Straubinger Feuerwehrler und Kameraden aus der Werksfeuerwehr von BMW, der Regensburger Berufsfeuerwehr und der MAN-Werksfeuerwehr beim „Informationstag mit Ausbildungscharakter“ betreut. Marco ist 41, Berufsfeuerwehrmann in Mannheim, und hat neben viel Erfahrung zwei weitere Eigenschaften, die den Dreiklang eines guten Ausbilders ausmachen. Er flößt von Anfang an Vertrauen ein, mit seiner lockeren Art, die aber gezielt alles, was zu beachten ist, anspricht. Und er überprüft mit Ziehen an Gurten oder Blicken ohne Hektik und immer genau, ob jeder „sicher ist“. Die Straubinger Feuerwehrler stehen da nicht nach. Wie große Brüder haben sie unaufgeregt ein paar Ratschläge zur Hand und checken auch noch einmal den Sitz der Atemmaske – was wirklich ein gutes Gefühl vermittelt. Danke dafür an alle.

Schlagartige Hitze und rußgeschwärzte Dunkelheit

Wir bekommen die „Wellness-Tour“ verspricht Marco. Das heißt: Einmal Realbrandcontainer – aber ohne den engen, verrauchten Kletterparkour, durch den sich Feuerwehrmänner ohne Sicht kämpfen müssen. Die Wellness besteht aus Ruß, Kriechen, 400 Grad Temperatur und den inneren Schweinehund zu besiegen. Das schafft man mit Ruhe, Adrenalin und Vertrauen in die Männer, die immer da hineinlaufen, wo andere rausrennen. „Hoffentlich verlier ich den Stephan nicht“, ist Sophies erster Gedanke, als sie nach dem Stadtbrandrat in den Brandcontainer kriecht. Danach der OB, der hatte im Kopf: „Wie heiß wird es?“ Anschließend jagt Marco mich rein – ziemlich schnell. Will er die Hitze nicht entweichen lassen oder uns keine Zeit zum Grübeln lassen, ob das jetzt so eine gute Idee war? Trotz des Wissens, dass es heiß wird, und trotz Schutzausrüstung trifft die schlagartige Hitze einen irgendwie unerwartet. Und im vorderen Container ist es „noch nicht so heiß“. Etwa 150 Grad. Und, was die Sache etwas unheimlich macht, dunkel, sehr dunkel. Die Maske läuft an. Wir sind vorgewarnt. Ein Wisch mit dem Handschuh und man kann Marcos Taschenlampe sehen sowie einen Teil der Rückseite des Obs und sich mit einem Blick auf die Wärmebildkamera etwas orientieren. Hinlegen, dann wieder in die Hocke, wir üben noch einmal die Basics, bevor es eine Tür weiter geht. Dahin, wo das Feuer wartet.

In der ersten Reihe, wenn der Hitzeturbo zündet

Dort gibt es keine letzte Reihe wie in einem Klassenzimmer, wo man sich verstecken kann. Es gibt nur eine erste Reihe vor dem Feuer mit Sitzordnung von links: Bachl, Schattenkirchner, Pannermayr, Scharrer. „Füße ausstrecken und immer nur eine Seite zum Feuer richten“, befiehlt Lehrer Marco, damit die Luftpolster der Schutzausrüstung arbeiten können und kein Hitzestau droht. Verzehrt durch seine Maske erklärt er, dass das jetzt „nur“ eine trockene Hitze ist, dann greift er zum Strahlrohr und besprüht die heißen Wände. Der Wasserdampf zündet den Hitzeturbo. Spürbar am ganzen Körper. Dreimal demonstriert er uns den Effekt, dann geht es kriechend und gebückt zum Abkühlen nach draußen. Wer will, darf noch einmal rein, und sich langsam aufrichten, „die Hand überm Kopf“, damit kann man die Hitze tasten, bevor es den Kopf trifft. Bachl kennt das, Pannermayr und ich sind schwer beeindruckt und müssen den Impuls unterdrücken, die heißen Handschuhe auszuziehen. Das wäre eine schlechte Idee. Eine gute ist es, die Tür zu öffnen. Das Zeitgefühl haben wir verloren, zwölf Minuten wart ihr drin, erklären die Feuerwehrler. Marco lässt uns noch nicht raus aus der Schutzausrüstung. Langsam und geordnet sollen wir zur Ruhe kommen. Hinknien ist angesagt. Die Handschuhe darf man ausziehen. Zum Glück, die Fingerspitzen glühen! Dann darf der Helm runter. Luft im Nacken! Anschließend die Sauerstoffflasche – „aber die Maske bleibt noch drauf“. Die Jacke folgt. Marco demonstriert den Notreißverschluss, „fest nach oben ziehen und die ganze Jacke springt auf“. Jetzt erst darf die Atemmaske runter. Sophie wird später von einer „Frischluftwatschn“ sprechen. Verschwitzt und knallrot sieht jeder aus, auch die Profis. Aber dieses Grinsen, das man hat, wenn man etwas geschafft hat, das nicht alltäglich ist, ist trotz durchgeschwitzten Shirts und wirren Haaren in jedem Gesicht zu finden.

Ein echter Einsatz ist noch einmal etwas anderes

Für uns waren rettende Türen ein oder zwei Meter entfernt, keiner musste vorher durch ein verrauchtes Treppenhaus ein paar Stockwerke hinter sich bringen, wir schleppten auch keine Schläuche, Spritzen, Äxte oder sonstiges Rettungsmaterial mit uns. Ebenso nicht den Stress, möglichst schnell und gründlich nach Verletzten oder Vermissten suchen zu müssen. Im Container standen auch keine Möbel umher, und, wie gesagt, die Tür ins Freie war nie weit weg, anders für die Männer und Frauen, die freiwillig in brennende Häuser gehen und die sich erst wieder über Zimmer, Gänge oder Keller nach draußen kämpfen müssen. Das schätzten und ehrten wir schon vorher – aber nach der Erfahrung im Realbrandcontainer schätzt man das noch einmal anders ein. Und auch Pannermayr ist dankbar für die Erfahrung und den heißen Einblick „in die Königsdisziplin des Ehrenamts“ für das hohe Einsatzengagement und die viele Freizeit, die Feuerwehrler in ihre Aus- und Weiterbildung investieren.